Eine Gedenktafel für Wolf Ewert, die sich derzeit an einem Gedenkstein auf dem St. Jürgen-Friedhof befindet, soll umgehend von der Stadtverwaltung entfernt werden. Diesen Antrag hatte die BÜNDNISGRÜNE Fraktion in der vergangenen Sitzung der Bürgerschaft eingebracht.
Fragwürdige Ehrung
„Einem Kriegsverbrecher gebührt kein Gedenken“, sagte Bürgerschaftsmitglied Arnold von Bosse, der darauf hinwies, dass die Recherche zu diesem Vorgang vom 24 Jahre alten Conrad Busse kommt, der Mitglied der BÜNDNISGRÜNEN Partei ist und auf der GRÜNEN Landesliste im September für den Landtag kandidiert.
Offene Fragen
Busse hat kein Verständnis für die am St. Jürgen – Friedhof angebrachte Gedenktafel: „Warum dem 1994 in Bad Nauheim verstorbenen und dort begrabenen Kriegsverbrecher im Jahr 2010 in Stralsund ein Gedenkstein gewidmet wurde, ist unbegreiflich. Da Wolf Ewert nicht in Stralsund begraben liegt, sondern in Bad Nauheim, erfüllt diese Gedenktafel nicht den Sachbestand eines Hinweises auf eine Grablege, sondern stellt eine allgemeine Gedenkstelle dar. Die Tafel kann und sollte also umgehend entfernt werden. Ich habe das an die GRÜNE Bürgerschaftsfraktion herangetragen und freue mich, dass daraus jetzt ein Bürgerschaftsantrag geworden ist.“
Verantwortlich für grausame Verbrechen
Wolf Ewert, der 1905 in Stralsund geboren wurde, war deutscher Offizier der Wehrmacht und nachweislich an dem Massaker von San Polo am 14. Juli 1944 in Italien nicht nur beteiligt, sondern befehligte dieses sogar. Damals sind 61 Zivilisten und Partisanen misshandelt, zusammengetrieben und auf bestialische Art und Weise ermordet worden. Ewert war für dieses Verbrechen juristisch nie belangt worden.
Kulturausschuss wird beraten
Der Antrag der GRÜNEN wird jetzt im Kulturausschuss der Stadt beraten. Dabei erwartet die Fraktion auch Antworten auf die Frage, aus welchen Gründen Gedenkstein und -tafel auf dem St. Jürgen-Friedhof aufgestellt und angebracht wurden.
Der komplette Antrag der GRÜNEN Bürgerschaftsfraktion findet sich hier: https://webris.stralsund.de/buergerinfo/si0057.asp?__ksinr=5345
Quellen:
Gerhard Schreiber: Deutsche Kriegsverbrechen in Italien: Täter, Opfer, Strafverfolgung. C.H.Beck, 1996, ISBN 978-3-406-39268-9, S. 177
Wolfgang Keilig: Die Generale des Heeres 1939–1945. Podzun-Pallas-Verlag, Friedberg 1983, ISBN 3-7909-0202-0. S. 84.
Kriegstagebuch der King’s Dragoon Guards (Britische Armee), die das Dorf von San Polo am Morgen des 18. Juli betraten